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Die grösste ChatGPT-Studie – Wie wir KI wirklich nutzen – und was wir daraus lernen müssen

  • Autorenbild: Sandro Parissenti
    Sandro Parissenti
  • 19. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Künstliche Intelligenz, speziell Chatbots wie ChatGPT, gehören längst nicht mehr in den Bereich Science-Fiction. Sie sind Alltag – im Privaten ebenso wie zunehmend im Beruflichen. Doch was tun wir mit KI wirklich? Welche Aufgaben übergeben wir ihr, welche Erwartungen haben wir – und was sagen die Daten?

OpenAI hat zusammen mit dem National Bureau of Economic Research (NBER) eine der bisher grössten Studien zur Nutzung von ChatGPT veröffentlicht: rund 1,5 Millionen Chatverläufe aus den Consumer-Versionen wurden ausgewertet, um über einen längeren Zeitraum Einblick ins tatsächliche Nutzungsverhalten zu erhalten.


Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, zieht Lehren für Verwaltungen & KMU und gibt einen Ausblick, wie man ChatGPT sinnvoll einsetzen kann – ohne überzogene Erwartungen, aber mit grossem Potenzial.


Kernergebnisse der Studie

Nachfolgend die zentralen Befunde, teils mit Detailzahlen und Aussagen aus den Daten:

Bereich

Erkenntnis / Befund

Demografie – wer nutzt ChatGPT

Frühe Nutzer waren überwiegend männlich (typisch „maskuline“ Vornamen). Anfang 2024 hatten nur etwa 37 % der Nutzer typischerweise „weibliche“ Vornamen. Bis Mitte / Juli 2025 stieg dieser Anteil auf 52 %.


 ‒ Altersverteilung: Ein großer Anteil der Nutzung kommt von jüngeren Nutzerinnen und Nutzern. Nahezu die Hälfte der Nachrichten stammte von Personen unter 26 Jahren.

Private vs. berufliche Nutzung

Schon früh war klar: ChatGPT wird nicht primär als Business-Tool benutzt. Die Studie zeigt: Nicht-berufliche Nutzung (“non‐work messages”) macht über 70 % aller Gespräche aus (Stand Mitte / Juli 2025).


 Berufliche Nutzung wächst zwar, aber weniger stark – und stark abhängig von Beruf, Bildung und Position.

Beliebte Nutzungskategorien / Themen

Drei Themen dominieren fast 80 % der Gespräche: Praktische Anleitung (Practical Guidance), Information suchen (Seeking Information) und Schreiben (Writing).


 ‒ “Writing” ist besonders wichtig bei beruflichen Anwendungsfällen. Für geschäftliche / arbeitsbezogene Nachrichten macht Schreiben laut Studie den grössten Anteil aus.


 ‒ Programmierung (“Coding”) spielt eine recht kleine Rolle – etwa 4.2 % aller Nachrichten.


 ‒ Nutzung für Selbstausdruck, Gefühle, Begleitung oder Rollen-Spielen ist sehr gering – im einstelligen Prozentbereich.

Veränderung über die Zeit

Einige Trends sind dynamisch: • Die nicht-berufliche Nutzung hat zugenommen (von etwa 53 % auf über 70 %) innerhalb eines Jahres.


 • Der Frauenteil hat sich signifikant erhöht.


 • Wachstum in Regionen mit mittlerem und niedrigem Einkommen ist stärker als in reichen Ländern.


Datenschutz und ethische Aspekte

Die Studie weist ausdrücklich darauf hin, dass die Auswertung anonymisiert / pseudonymisiert und mit Verfahren durchgeführt wurde, die personenbezogene Daten möglichst schützen. Dennoch wird kritisiert – wie auch in Medien –, dass keine explizite Zustimmung aller Nutzerinnen und Nutzer eingeholt wurde.


Diese Praxis wirft Fragen auf:

  • Wo verläuft die Grenze zwischen akzeptabler Nutzung aggregierter Daten vs. Privatsphäre?

  • Wie transparent sind Nutzungsrichtlinien gegenüber den Anwendern?

  • Welche Risiken bergen Verzerrungen oder falsche Klassifikationen (etwa Themen wie „emotionale Hilfe“ vs. „Unterhaltung“) für einzelne Nutzergruppen?


Bedeutung & Implikationen für Verwaltungen & KMU

Aus den Befunden lassen sich wichtige Strategien und Empfehlungen ableiten:

  1. KI als Alltagswerkzeug, nicht nur Spezialtool Da mehr als 70 % der Nutzung privat oder „nicht-arbeitbezogen“ ist, zeigt sich: Menschen haben ein Bedürfnis nach Unterstützung im Alltag – sei es für Informationen, Inspiration oder beim Schreiben. Organisationen sollten diese Alltags-Bedürfnisse im Blick haben, wenn sie KI-Lösungen anbieten wollen (z. B. öffentliche Services, Bürgerportale, Weiterbildung).

  2. Schreib-Hilfen & Content-Generierung als Chance Schreiben ist eine der meistgenutzten Funktionen – im Beruf wie privat. Das umfasst E-Mails, Texte, Übersetzungen, Textüberarbeitung. Für KMU oder Verwaltungen kann das Effizienzgewinne bedeuten: standardisierte Vorlagen, Textassistenz, automatische Überprüfung etc.

  3. Technische Themen & Programmierung bleiben Nische Obwohl KI häufig mit Programmieren, Data Science etc. assoziiert wird, zeigt die Studie: Nur ca. 4 % aller Anfragen betreffen Coding. Wer KI-Tools speziell für Entwickler oder technisch affine Teams einführt, kann differenzieren – aber man sollte nicht erwarten, dass alle Mitarbeitenden intensiv programmieren.

  4. Alters- und Geschlechterdiversität & faire Zugänge Mit der Zunahme weiblicher Nutzer und stärkerer Verbreitung in Ländern mit mittlerem bzw. niedrigem Einkommen zeigt sich: KI-Nutzung wird inklusiver. Zugleich muss sichergestellt werden, dass Bildungszugang, digitale Kompetenz und kulturelle / sprachliche Barrieren nicht neue Ungleichheiten verursachen.

  5. Governance, Datenschutz & Vertrauen Da Nutzerdaten ohne explizite Einwilligung verwendet wurden (wenn auch anonymisiert), wird Vertrauen auf die Probe gestellt. Für Verwaltungen und KMU gilt: klare Datenschutzrichtlinien, Transparenz bei Datennutzung, Nutzerrechte, Eigenschaften wie Bias, Fehlbarkeit, Sicherheit sollten offen adressiert werden.

  6. Überprüfung & Qualität – nicht alles, was KI ausgibt, ist korrekt Gerade bei persönlichen / informellen Anfragen besteht ein höheres Risiko, dass KI verzerrt oder unvollständig ist, weil weniger Kontrolle stattfindet. In beruflichen Kontexten wird grundsätzlich skeptischer mit KI-Output umgegangen. Organisationen sollten Prozesse etablieren, in denen KI-Ergebnisse überprüft werden (z. B. von Fachpersonen) bevor Entscheidungen gefällt werden.


Kritische Reflexion

  • Stichprobe & Repräsentativität: Die Studie konzentriert sich auf Consumer-Versionen von ChatGPT; Unternehmensversionen oder spezialisierte Tools sind nicht berücksichtigt. Ebenso sind nur Nutzer ab 18 eingeschlossen.

  • Klassifikationsmodell: Kategorien wie „Practical Guidance“ oder „Seeking Information“ werden automatisiert zugewiesen. Das birgt Risiken von Fehlklassifizierung, Missverständnissen, Kontextverlust. Studienautor:innen weisen selbst auf Grenzen der Automatismen hin.

  • Langfristige Auswirkungen: Es bleibt unklar, wie sich das Verhalten über noch längere Zeiträume entwickelt, insbesondere wenn KI alltäglicher wird und wenn mehr berufliche Anwendungsszenarien entstehen (z. B. in spezialisierten Branchen).


Ausblick: Was kommt & was sollten wir tun

  • Ausbau von Kompetenzen & KI-Bildung: Damit Nutzer:innen – privat und beruflich – die Möglichkeiten ausschöpfen, aber auch Risiken erkennen. Schulungen, Workshops, öffentliche Bildung.

  • Werkzeuge zur Qualitätssicherung: Automatische / halbautomatische Tools zum Verifizieren von KI-Output, Feedback-Mechanismen, Versionskontrolle, Abläufe für Revision.

  • Regulierung & ethische Standards: Datenschutzgesetze, KI-Regulierung (EU-KI-Verordnung etc.), ethische Richtlinien müssen mitwachsen.

  • Nutzerzentrierte Produktentwicklung: KI-Anwendungen sollten sich stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, z. B. Alltag, Kreativität, Schreibunterstützung, Informationssuche.

  • Monitoring & Forschung: Fortlaufende Studien wie diese – auch mit Blick auf kulturelle Unterschiede, sprachliche Heterogenität und nicht-englischsprachige Anwendung – sind wichtig.


Schlussfolgerung

Diese Studie markiert einen wichtigen Meilenstein: Sie zeigt, wie breit ChatGPT schon angekommen ist – nicht als exotisches High-Tech-Tool, sondern als Teil unseres Alltags. Und sie zeigt, dass viele der Annahmen – etwa über wer KI nutzt, wofür, und in welchem Verhältnis Beruf vs. Privat – überarbeitet werden müssen.

Für Verwaltungen & KMU heißt das: KI bietet grosse Chancen, insbesondere in Bereichen wie Kommunikation, Textarbeit und Service – aber nur, wenn wir ehrlich sind mit Daten, transparent mit Prozessen und verantwortlich im Einsatz.


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