Die grösste ChatGPT-Studie – Wie wir KI wirklich nutzen – und was wir daraus lernen müssen
- Sandro Parissenti

- 19. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Künstliche Intelligenz, speziell Chatbots wie ChatGPT, gehören längst nicht mehr in den Bereich Science-Fiction. Sie sind Alltag – im Privaten ebenso wie zunehmend im Beruflichen. Doch was tun wir mit KI wirklich? Welche Aufgaben übergeben wir ihr, welche Erwartungen haben wir – und was sagen die Daten?
OpenAI hat zusammen mit dem National Bureau of Economic Research (NBER) eine der bisher grössten Studien zur Nutzung von ChatGPT veröffentlicht: rund 1,5 Millionen Chatverläufe aus den Consumer-Versionen wurden ausgewertet, um über einen längeren Zeitraum Einblick ins tatsächliche Nutzungsverhalten zu erhalten.
Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, zieht Lehren für Verwaltungen & KMU und gibt einen Ausblick, wie man ChatGPT sinnvoll einsetzen kann – ohne überzogene Erwartungen, aber mit grossem Potenzial.
Kernergebnisse der Studie
Nachfolgend die zentralen Befunde, teils mit Detailzahlen und Aussagen aus den Daten:
Datenschutz und ethische Aspekte
Die Studie weist ausdrücklich darauf hin, dass die Auswertung anonymisiert / pseudonymisiert und mit Verfahren durchgeführt wurde, die personenbezogene Daten möglichst schützen. Dennoch wird kritisiert – wie auch in Medien –, dass keine explizite Zustimmung aller Nutzerinnen und Nutzer eingeholt wurde.
Diese Praxis wirft Fragen auf:
Wo verläuft die Grenze zwischen akzeptabler Nutzung aggregierter Daten vs. Privatsphäre?
Wie transparent sind Nutzungsrichtlinien gegenüber den Anwendern?
Welche Risiken bergen Verzerrungen oder falsche Klassifikationen (etwa Themen wie „emotionale Hilfe“ vs. „Unterhaltung“) für einzelne Nutzergruppen?
Bedeutung & Implikationen für Verwaltungen & KMU
Aus den Befunden lassen sich wichtige Strategien und Empfehlungen ableiten:
KI als Alltagswerkzeug, nicht nur Spezialtool Da mehr als 70 % der Nutzung privat oder „nicht-arbeitbezogen“ ist, zeigt sich: Menschen haben ein Bedürfnis nach Unterstützung im Alltag – sei es für Informationen, Inspiration oder beim Schreiben. Organisationen sollten diese Alltags-Bedürfnisse im Blick haben, wenn sie KI-Lösungen anbieten wollen (z. B. öffentliche Services, Bürgerportale, Weiterbildung).
Schreib-Hilfen & Content-Generierung als Chance Schreiben ist eine der meistgenutzten Funktionen – im Beruf wie privat. Das umfasst E-Mails, Texte, Übersetzungen, Textüberarbeitung. Für KMU oder Verwaltungen kann das Effizienzgewinne bedeuten: standardisierte Vorlagen, Textassistenz, automatische Überprüfung etc.
Technische Themen & Programmierung bleiben Nische Obwohl KI häufig mit Programmieren, Data Science etc. assoziiert wird, zeigt die Studie: Nur ca. 4 % aller Anfragen betreffen Coding. Wer KI-Tools speziell für Entwickler oder technisch affine Teams einführt, kann differenzieren – aber man sollte nicht erwarten, dass alle Mitarbeitenden intensiv programmieren.
Alters- und Geschlechterdiversität & faire Zugänge Mit der Zunahme weiblicher Nutzer und stärkerer Verbreitung in Ländern mit mittlerem bzw. niedrigem Einkommen zeigt sich: KI-Nutzung wird inklusiver. Zugleich muss sichergestellt werden, dass Bildungszugang, digitale Kompetenz und kulturelle / sprachliche Barrieren nicht neue Ungleichheiten verursachen.
Governance, Datenschutz & Vertrauen Da Nutzerdaten ohne explizite Einwilligung verwendet wurden (wenn auch anonymisiert), wird Vertrauen auf die Probe gestellt. Für Verwaltungen und KMU gilt: klare Datenschutzrichtlinien, Transparenz bei Datennutzung, Nutzerrechte, Eigenschaften wie Bias, Fehlbarkeit, Sicherheit sollten offen adressiert werden.
Überprüfung & Qualität – nicht alles, was KI ausgibt, ist korrekt Gerade bei persönlichen / informellen Anfragen besteht ein höheres Risiko, dass KI verzerrt oder unvollständig ist, weil weniger Kontrolle stattfindet. In beruflichen Kontexten wird grundsätzlich skeptischer mit KI-Output umgegangen. Organisationen sollten Prozesse etablieren, in denen KI-Ergebnisse überprüft werden (z. B. von Fachpersonen) bevor Entscheidungen gefällt werden.
Kritische Reflexion
Stichprobe & Repräsentativität: Die Studie konzentriert sich auf Consumer-Versionen von ChatGPT; Unternehmensversionen oder spezialisierte Tools sind nicht berücksichtigt. Ebenso sind nur Nutzer ab 18 eingeschlossen.
Klassifikationsmodell: Kategorien wie „Practical Guidance“ oder „Seeking Information“ werden automatisiert zugewiesen. Das birgt Risiken von Fehlklassifizierung, Missverständnissen, Kontextverlust. Studienautor:innen weisen selbst auf Grenzen der Automatismen hin.
Langfristige Auswirkungen: Es bleibt unklar, wie sich das Verhalten über noch längere Zeiträume entwickelt, insbesondere wenn KI alltäglicher wird und wenn mehr berufliche Anwendungsszenarien entstehen (z. B. in spezialisierten Branchen).
Ausblick: Was kommt & was sollten wir tun
Ausbau von Kompetenzen & KI-Bildung: Damit Nutzer:innen – privat und beruflich – die Möglichkeiten ausschöpfen, aber auch Risiken erkennen. Schulungen, Workshops, öffentliche Bildung.
Werkzeuge zur Qualitätssicherung: Automatische / halbautomatische Tools zum Verifizieren von KI-Output, Feedback-Mechanismen, Versionskontrolle, Abläufe für Revision.
Regulierung & ethische Standards: Datenschutzgesetze, KI-Regulierung (EU-KI-Verordnung etc.), ethische Richtlinien müssen mitwachsen.
Nutzerzentrierte Produktentwicklung: KI-Anwendungen sollten sich stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, z. B. Alltag, Kreativität, Schreibunterstützung, Informationssuche.
Monitoring & Forschung: Fortlaufende Studien wie diese – auch mit Blick auf kulturelle Unterschiede, sprachliche Heterogenität und nicht-englischsprachige Anwendung – sind wichtig.
Schlussfolgerung
Diese Studie markiert einen wichtigen Meilenstein: Sie zeigt, wie breit ChatGPT schon angekommen ist – nicht als exotisches High-Tech-Tool, sondern als Teil unseres Alltags. Und sie zeigt, dass viele der Annahmen – etwa über wer KI nutzt, wofür, und in welchem Verhältnis Beruf vs. Privat – überarbeitet werden müssen.
Für Verwaltungen & KMU heißt das: KI bietet grosse Chancen, insbesondere in Bereichen wie Kommunikation, Textarbeit und Service – aber nur, wenn wir ehrlich sind mit Daten, transparent mit Prozessen und verantwortlich im Einsatz.
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